Frankfurter Straßenkampf
von Ruth Fend (Frankfurt)
Das gibt es nicht oft zu sehen: Fondsanleger ziehen demonstrierend durch Frankfurt. Sie fühlen sich von der DZ Bank übers Ohr gehauen und verlangen nun ihr Geld zurück.
Auf diese Bilder hat Deutschland gewartet: Hunderte von Anlegern ziehen in einem Protestzug durch die Straßenschluchten der Frankfurter City, ihre gellenden Trillerpfeifen übertönen Autohupen und die Sirenen von Polizeiwagen. Ihr Marschziel: der halbrunde Wolkenkratzer der DZ-Bank-Zentrale in der Mainzer Landstraße. Sie protestieren gegen einen "der größten Immobilienskandale Deutschlands, der sich gerade abspielt", wie Heinz-Jürgen Franz von der Schutzvereinigung für Kapitalanleger (SfK) tönt.
Franz redet nicht etwa von Subprime-Krediten. Und im neuen Frankfurter Straßenkampf geht es auch nicht um Hartz IV, Arbeitsplätze oder Lohnerhöhungen. Diesmal protestieren rund 400 Geldanleger. Die großteils über 60-Jährigen fühlen sich vom Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken übers Ohr gehauen. "Banditen!", "Betrüger!", "Abzocker!", rufen sie.
Als die Demonstranten kurz zuvor aus den Bussen gestiegen waren, gingen sie noch als Kaffeefahrtsgruppe durch. Einer ist ausgerüstet mit Nordic-Walking-Stöcken, die Damen perfekt geschminkt, die Frisur sitzt. "Wir sind alle keine Krawallmacher. Nur Leute, die ihr Geld verloren haben", erklärt einer. "Jetzt bin ich über 70, und das ist meine erste Demo", sagt ein anderer. Dann streifen sie ihr Leibchen über, blasen in ihre Pfeifen und werden zu Demonstranten.
Sie haben in den 80er- und 90er-Jahren in geschlossene Immobilienfonds des damaligen Spitzeninstituts DG Bank investiert, hofften auf die Berlin-Förderung des Staates und die blühenden Landschaften im Osten. Sie wollten Steuern sparen und für das Alter vorsorgen. Die Rechnungen gingen nicht auf, zwölf der Fonds leiden Not, etwa 20.000 Anleger sind betroffen, die jetzt ihr Geld von der DZ Bank zurückwollen, der Rechtsnachfolgerin der DG Bank. Die Juristen streiten sich um Schadensersatz und Kulanzregelungen - auf die auch die DZ Bank in ihrer Pressemitteilung zur Demo verweist.
Ein älterer Herr gibt sich besonders kämpferisch: Hans Baumann ist Ex-Vorstand einer Raiffeisenbank bei Göppingen. "Unter einem Treuhänder stell ich mir was anderes vor, ich war ja selber mal einer", wettert er. "Wir haben unseren Kunden immer gesagt: Wir stehen hinter euch. Hinter uns steht jetzt keiner!" Dann der Zwischenruf eines anderen: "Doch, die stehen hinter uns - und treten uns von da in den Hintern!" Die Menge johlt. Baumann redet sich in Rage: "Mich kotzt das an, was unsere Nachkommen da fabrizieren. Schämen muss man sich da!" Die Fronten sind klar. Plötzlich sind sie alle, die hier auf der Straße stehen, der "kleine Mann". Auch Ex-Vorstand Hans Baumann ist jetzt einer von ihnen, einer der Abgezockten. "Ich hab als Vorstand keine Provisionen bekommen", verkündet er.
Dass mal etwas schiefgehe und ein Fonds schließen müsse, das könne er ja noch verstehen, sagt Demonstrant Helmut Artmann, selbst im Immobiliengeschäft. "Aber mir geht es um das systematische Fehlmanagement in diesem Fall."
Von Lautsprecherparolen aufgepeitscht, scheinen die Demonstranten am Ende bereit, die Bank zu stürmen, sie wollen Vorstandschef Wolfgang Kirsch, aber an die beiden Bodyguards vor der Drehtür trauen sie sich doch nicht heran. Ein Herr im dunkelgrauen Anzug kommt aus dem Bankgebäude, nimmt zwei Wäschekörbe mit Protestbriefen entgegen und verschwindet schnell wieder durchs Drehkreuz. Drinnen, im Erdgeschoss der unbeleuchteten DZ-Zentrale, huschen ein paar Banker vorbei, andere stehen breitbeinig im Hintergrund und verschränken die Hände vor ihren Körpern. Die DZ Bank mauert.
Das gibt es nicht oft zu sehen: Fondsanleger ziehen demonstrierend durch Frankfurt. Sie fühlen sich von der DZ Bank übers Ohr gehauen und verlangen nun ihr Geld zurück.
Auf diese Bilder hat Deutschland gewartet: Hunderte von Anlegern ziehen in einem Protestzug durch die Straßenschluchten der Frankfurter City, ihre gellenden Trillerpfeifen übertönen Autohupen und die Sirenen von Polizeiwagen. Ihr Marschziel: der halbrunde Wolkenkratzer der DZ-Bank-Zentrale in der Mainzer Landstraße. Sie protestieren gegen einen "der größten Immobilienskandale Deutschlands, der sich gerade abspielt", wie Heinz-Jürgen Franz von der Schutzvereinigung für Kapitalanleger (SfK) tönt.
Franz redet nicht etwa von Subprime-Krediten. Und im neuen Frankfurter Straßenkampf geht es auch nicht um Hartz IV, Arbeitsplätze oder Lohnerhöhungen. Diesmal protestieren rund 400 Geldanleger. Die großteils über 60-Jährigen fühlen sich vom Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken übers Ohr gehauen. "Banditen!", "Betrüger!", "Abzocker!", rufen sie.
Als die Demonstranten kurz zuvor aus den Bussen gestiegen waren, gingen sie noch als Kaffeefahrtsgruppe durch. Einer ist ausgerüstet mit Nordic-Walking-Stöcken, die Damen perfekt geschminkt, die Frisur sitzt. "Wir sind alle keine Krawallmacher. Nur Leute, die ihr Geld verloren haben", erklärt einer. "Jetzt bin ich über 70, und das ist meine erste Demo", sagt ein anderer. Dann streifen sie ihr Leibchen über, blasen in ihre Pfeifen und werden zu Demonstranten.
Sie haben in den 80er- und 90er-Jahren in geschlossene Immobilienfonds des damaligen Spitzeninstituts DG Bank investiert, hofften auf die Berlin-Förderung des Staates und die blühenden Landschaften im Osten. Sie wollten Steuern sparen und für das Alter vorsorgen. Die Rechnungen gingen nicht auf, zwölf der Fonds leiden Not, etwa 20.000 Anleger sind betroffen, die jetzt ihr Geld von der DZ Bank zurückwollen, der Rechtsnachfolgerin der DG Bank. Die Juristen streiten sich um Schadensersatz und Kulanzregelungen - auf die auch die DZ Bank in ihrer Pressemitteilung zur Demo verweist.
Ein älterer Herr gibt sich besonders kämpferisch: Hans Baumann ist Ex-Vorstand einer Raiffeisenbank bei Göppingen. "Unter einem Treuhänder stell ich mir was anderes vor, ich war ja selber mal einer", wettert er. "Wir haben unseren Kunden immer gesagt: Wir stehen hinter euch. Hinter uns steht jetzt keiner!" Dann der Zwischenruf eines anderen: "Doch, die stehen hinter uns - und treten uns von da in den Hintern!" Die Menge johlt. Baumann redet sich in Rage: "Mich kotzt das an, was unsere Nachkommen da fabrizieren. Schämen muss man sich da!" Die Fronten sind klar. Plötzlich sind sie alle, die hier auf der Straße stehen, der "kleine Mann". Auch Ex-Vorstand Hans Baumann ist jetzt einer von ihnen, einer der Abgezockten. "Ich hab als Vorstand keine Provisionen bekommen", verkündet er.
Dass mal etwas schiefgehe und ein Fonds schließen müsse, das könne er ja noch verstehen, sagt Demonstrant Helmut Artmann, selbst im Immobiliengeschäft. "Aber mir geht es um das systematische Fehlmanagement in diesem Fall."
Von Lautsprecherparolen aufgepeitscht, scheinen die Demonstranten am Ende bereit, die Bank zu stürmen, sie wollen Vorstandschef Wolfgang Kirsch, aber an die beiden Bodyguards vor der Drehtür trauen sie sich doch nicht heran. Ein Herr im dunkelgrauen Anzug kommt aus dem Bankgebäude, nimmt zwei Wäschekörbe mit Protestbriefen entgegen und verschwindet schnell wieder durchs Drehkreuz. Drinnen, im Erdgeschoss der unbeleuchteten DZ-Zentrale, huschen ein paar Banker vorbei, andere stehen breitbeinig im Hintergrund und verschränken die Hände vor ihren Körpern. Die DZ Bank mauert.
Holger N. Koch - 21. Sep, 20:22